Weil einzelne meiner Ziele nicht oder schlecht mit öffentlichen Verkehrsmitteln angebunden sind, habe ich mich dazu entschieden ein Auto zu mieten. Am Freitag morgens fuhr ich von Kami-machi (Präfektur Miyagi) in nordwestliche Richtung nach Yokote (Präfektur Akita).
Zwei Festivals in Yokote
In Yokote findet jährlich am 15. und 16. Februar das Kamakura Matsuri gefolgt vom Asahiokayama-jinja Bonden Matsuri mit seinem Höhepunkt am 17. Februar statt. Das Kamakura Matsuri wird seit über 450 Jahren und das Boden Matsuri seit über 300 Jahren gefeiert. Das Bonden Matsuri bedeutet, dass der Frühling kommt und es wird für eine reiche Ernte, ein erfolgreiches Geschäft oder die Sicherheit der Stadt gebeten.
Die Karte zeigt die Ziele meiner Reise:
Was sind Kamakuras?
Im Kamakura Museum wird ganzjährig ein Kamakura in einem begehbaren Kühlraum bei -10 °C ausgestellt und ich konnte erfahren wie diese hergestellt werden. Bei einem Kamakura handelt es sich um ein Haus aus Schnee, welches anders als Iglus nicht aus Schneeblöcken gebaut wird. Zuerst wird Schnee in Zylinderform aufgeschichtet, dann zusammengepresst und schließlich der Innenraum mit Eingang und Altar ausgehöhlt.
Wie ich erfuhr musste der Schnee dieses Jahr aus den Bergen geholt werden, um die über die Stadt verteilten Kamakuras zu errichten. Hier zeigen sich die Auswirkungen der Klimaerwärmung. Für die Attraktion des Ortes von außerhalb ist es gut, dass es mit einem weiteren Festival verbunden wird.
Was sind Bonden?
Vor dem Rathaus wurden am Vormittag die schönsten Bonden ausgezeichnet. Ein Japaner zeigte und erklärte mir den Bonden seines Teams. Er meinte dieser wiege um die 35 kg, ist 4 m hoch und die Herstellung dauere ein bis zwei Monate, wobei es effektiv nur zwei Wochen seien. Das soziale Miteinander gehöre auch dazu.
An einem hölzernen Stab ist oben ein zylindrisch geflochtener Bambuskorb angebracht, welcher von außen mit Stoff verkleidet ist. Davon hängen Stofffäden nach unten. Auf dem Zylinder befindet sich ein Symbol oder eine Figur wie ein Drache oder ein Schrein aus Styropor sowie ein Stirnband um den Korb gehören dazu.
Am Nachmittag sah ich wie einzelnen Teams den Bonden zu Häusern brachten, um die Wünsche der Menschen und eine Spende einzusammeln. Am nächsten Tag werden diese Wünsche in einer Parade zum Schrein getragen.
Am Ende der Veranstaltung wurden von der Bühne aus Mochi geworfen und die Zuschauer versuchten diese zu fangen. Wie mir eine Japanerin erzählte, so ist die Bedeutung dieses Rituals, dass beim Herstellen alles Gute ins Mochi gesteckt wird und wer es auffängt dieses dann empfängt.
Erkunden der Stadt Yokote – Kamakura Matsuri
Nach dem ich mich mit der lokalen Spezialität Yokote Yakisoba (auf den gebratenen Soba-Nudeln ist ein Spiegelei) gestärkt hatte, spazierte ich durch die Stadt, um weitere Kamakura zu finden. Im Yokote Park am Flussufer gab es Mini-Kamakura, welche im Inneren gerade Platz für eine Kerze hatten. Leider waren diese teilweise weggeschmolzen und durch transparente Kunststoffformen ersetzt. Weiter lief ich den Berg zur Burg Yokote hoch, welche 1965 als Aussichtspunkt wieder aufgebaut wurde und sah dort weitere Kamakura.
Anschließend fuhr ich zur Kido Gorobei Village, wo mehrere ältere japanische Häuser und weitere Kamakuras anzuschauen waren. In einem Kamakura probierte ich dann traditionell Amazake (ziemlich süßes Getränk aus fermentiertem Reis und mit wenig oder ohne Alkohol) und Mochi. Außerdem gab es in einem Haus eine Feuerstelle, wo ebenfalls Mochi und grüner Tee serviert wurde. Dort traf ich auch einen Franzosen und wir verbrachten den Abend und nächsten Tag gemeinsam.
Abends waren die Kamakuras erleuchtet, Jugendliche servierten in diesen Amazake und Mochi und jeder Gast konnte ebenso am kleinen Altar zum Wassergott beten. Auch die Mini-Kamakura am Flussufer wurden erleuchtet.
Parade zum Asahiokayama-jinja Bonden Matsuri
Am nächsten Tag starteten zuerst die Kinderteams mit ihren etwas kleineren Bonden und daraufhin die Erwachsenen für die Parade vom Rathaus zum Asahiokayama Schrein. Wir begleiteten den Zug über die 4 km Strecke.
Es handelt sich dabei um eine Art Staffellauf, denn die Bonden werden immer von einer Person aus dem Team getragen und es wird probiert möglichst als erster beim Schrein anzukommen. Auf der Strecke gab es mehrere Stopps damit die Gruppen zusammenblieben. Es wird gesagt, wer als erstes mit dem gebeugten Bonden in den Schrein eindringt, dessen Wünsche werden erhört. Anschließend versuchen die Gruppen, welche den Schrein erreicht haben, die anderen vom Eindringen abzuhalten. Dabei geht auch mal ein geflochtener zylindrischer Bambuskorb kaputt. Die obendrauf befestigten Symbole oder Figuren wurden vorher vermutlich zur Vermeidung der Zerstörung und Reduzierung der Verletzungsgefahr abgenommen.
Wie auf den Fotos und im Video zu sehen ist, befindet sich das meiste Gewicht in der Höhe was das Tragen erschwert und bei der Prozession zum Schrein das ein oder andere Mal umkippte. Das Video zeigt die verschiedenen Etappen der Bonden Parade. Dabei sind die Rufe „Joyasa!“ und das Moschelhorn zu hören.
Kakunodate mit Samurai- und Kaufmannsviertel
Am Nachmittag ging es für mich weiter nach Kakunodate, wo ich einen Zwischenstopp machte und mir „Klein Kyoto von Tohoku“ mit seinen Samurai- und Kaufmannshäusern anschaute. Ebenso waren traditionelle Hina-Puppen von Samurai- und Kaufmannsfamilien an verschiedenen Orten ausgestellt.
Beim Hina Matsuri (auch Mädchen Festival genannt) werden diese Puppen zuhause oder an verschiedenen öffentlichen Orten u.a. auch im Gemeindezentrum in Kami-machi bis einschließlich 03. März ausgestellt. Die Bedeutung des Festivals wandelte sich über die Jahre. Heutzutage wünschen Familien ihren Töchtern an diesem Tag eine gesunde und gute Zukunft. Damit es kein Unglück bringt, sollen die Hina-Puppen danach weggeräumt werden.
Schneefestival am Towada See
Weiter ging es zu meinem nächsten Zwischenstopp, dem Schneefestival am Towada See. In den Bergen wurde die Fahrt ziemlich abenteuerlich auf den schnee- und eisbedeckten Straßen und ich musste mit meinem leichten Kleinwagen die Geschwindigkeit deutlich reduzieren. Bei meiner Ankunft war der Towada See aufgrund der Dunkelheit nicht mehr sichtbar, das Feuerwerk und etwas zu Essen konnte ich dennoch genießen.
Nach weiteren zwei Stunden Fahrt war ich dann froh sicher beim deutschen CIR anzukommen, welcher in Rokkasho (Präfektur Aomori) lebt. An diesem Tag hatte ich zwei Autounfälle gesehen. Glücklicherweise handelte es sich bei beiden nur um Sachschäden. Die Straßenbedingungen lassen sich leicht unterschätzen und an einzelnen Stellen war es rutschig.
Hachinohe Enburi Festival
Am Sonntag besuchten wir gemeinsam das Hachinohe Enburi Festival. Bei diesem wird der Beginn des Frühlings und der Hoffnung auf eine gute Ernte mit verschiedenen Tänzen gefeiert.
Wir sahen uns die schnellere Variante „Dosai-enburi“ von unterschiedlichen Gruppen aus rund 20 Personen mehrmals komplett und in Ausschnitten an. Dabei tragen einzelne Tänzer Hüte, welche Pferdeköpfen nachempfunden sind, ebenso sind Kinder und Musiker dabei. Von den Handlungen werden im Haupttanz die verschiedenen Stufen des Kultivierens von Reis gezeigt. Zusätzlich gibt es Tänze wie das Fangen eines Fisches (Ebisu-mai) oder mit Einsatz von Rasseln.
Wir starteten bei wunderschöner Kulisse in der Burg Nejo, welche 1334 gebaut über 300 Jahre vom Nambo Klan bewohnt wurde. Zwischen 1985 und 1994 wurde die Burg aufgrund der guten Erhaltung der inneren Anlage entsprechend dem Stand zu Zeiten der 16. Generation rekonstruiert.
Anschließend besuchten wir das Hachinohe Stadtmuseum. Dort konnten wir Fundstücke der Jomon-Zeit sehen und von Raum zu Raum wie bei einer Zeitreise etwas über die Geschichte von Hachinohe sowie in zwei Sonderausstellung über Hina-Puppen und das Hachinohe Enburi Festival lernen.
Zum Mittagessen probierte ich neben einem Tempura Menü Set die lokale Spezialität der Hachinohe Reis Cracker Suppe (hachinohe senbei jiru, 八戸せんべい汁).
Gerne hätten wir die 400 m Eisschnelllaufbahn ausprobiert, jedoch gab es für meine Begleitung keine passende Schuhgröße 48 zum Leihen. So erkundeten wir weitere Teile der Stadt (weitere Eindrücke siehe meine Zugreise) und genossen den Tanz ein weiteres Mal in einem Innenraum sowie bei Dunkelheit mit Lagerfeuer.
Es war beeindruckend zu sehen, wie dort Menschen vom Kleinkind bis ins betagte Alter (über 80 Jahre) mittanzten. Einzelne Gruppen zogen auch durch die Straßen und tanzten vor Restaurants. Im Video bekommst du Eindrücke von den verschiedenen Bestandteilen des Festivals.
Ausgrabungsstätte San’nai-Maruyama aus der Jomon-Zeit
Am Montag hielt ich auf meinem Rückweg an der Ausgrabungsstätte San’nai-Maruyama (Siedlung ca 3.900 bis 2.200 v.Chr., Allgemeine Information und kindgerechter Audioguide) und lernte an der UNESCO Weltkulturerbestätte einiges über die Jomon-Zeit (13.000 bis 400 v. Chr) mit ihren Jägern, Fischern und Sammlern sowie ihrem sesshaft werden erfahren. Falls ihr selbst etwas über diese Zeit lernen wollt, könnt ihr euch auf dieser Webseite zu den insgesamt 17 Ausgrabungsstätten umschauen.
Auf dem Rückweg nach Miyagi wollte ich nochmal den Towada See während Tageslicht sehen. Aufgrund des vielen Schnees war die Straße ab einem Punkt gesperrt und ich musste umdrehen. Der Ausblick über Apfelplantagen, welche Anfang Mai blühen, und den Berg Iwaki genoss ich sehr.